Scheiße, Du bist zu brav!

Scheisse Du bist zu brav!

Den Satz hörte ich eine Zeit lang immer wieder: “Scheiße, Du bist zu brav!Mein Mentor hat nichts unversucht gelassen, um mich jungen Milchbubi ein wenig zu verderben. Dass er mir damals keine harten Drogen verabreicht hat, das war echt alles.

Heute bin ich ihm für diese nett gemeinten Arschtritte immer noch sehr dankbar. Denn die Fähigkeiten anders zu denken, gegen die Widerstände anderer zu handeln und sich selbst dabei treu zu bleiben, tragen mich heute noch immer. Und diese drei Dinge bilden eine wichtige Grundlage für die Beratung.

Eigenständig denken

Als Berater brauchst Du die Fähigkeit unabhängig von bestehenden Mustern zu denken. Um das zu tun musst Du neue Wege beschreiten und die Dinge anders tun, als sie Leute vor Dir getan haben. Aber wie funktioniert das?

Einen gewissen Teil Deiner Zeit musst Du Dir für diffuses Denken nehmen. Das passiert in der Regel nicht im Büro, da das Umfeld Dich dort nur an die bereits bestehenden Prozesse und Ziele erinnert. Diffuses Denken kann bei einer monotonen Tätigkeit einsetzen, wie z.B. Joggen, Rasenmähen oder Bügeln. Dort schaltet Dein Kopf auf Auto-Pilot und Du kannst Ideen spinnen und Dir Szenarien in der Zukunft ausmalen.

Noch besser ist aber, wenn Du Dein diffuses Denken zu Papier bringst. Viele sehr erfolgreiche Leute praktizieren ein “Denken auf Papier” ganz bewusst. Sie setzen sich jeden Tag eine gewisse Zeit hin und malen zu Themen Diagramme und Schaubilder auf. Sie überlegen sich: “Wie sähe dies oder jenes am besten aus?” oder stellen einfach Thesen auf und gucken danach, ob sie stichhaltig sind.

Um eigenständig zu denken, musst Du übrigens das Rad nicht ständig neu erfinden. Oft reicht es aus, die Puzzleteile neu zusammen zu setzen. Dafür kannst Du z.B. zwei Dinge miteinander kombinieren, die so in der Art bisher noch nicht zusammen waren. So ist “Kanban” ein Vorgehensmodell aus der Automobilbranche, das seit einigen Jahren nun erfolgreich in Fast-Food-Restaurants oder Coffee-Shops Einzug gefunden hat (siehe Subway oder Starbucks). Deshalb lohnt es sich auch in anderen Branchen funktionierende Geschäftsmodelle anzusehen. Vielleicht lässt sich dann auch was für den eigenen Geschäftsbereich ableiten.

Schmerzbefreit handeln

Jetzt geht es ans Eingemachte: Wenn Du Deine eigenen Gedanken formuliert hast, dann ist es daran sie zu kommunizieren oder sie direkt umzusetzen. Wie willst Du sonst wissen was sie wert sind?

Egal ob Du jetzt nur Deine neuen Erkenntnisse den Kollegen mitteilst oder etwas direkt in die Tat umsetzen möchtest: Du wirst dabei unweigerlich auf Widerstände stoßen. Denn Deine neue Idee bedeutet nicht nur eine Veränderung für Dich, sondern auch für Dein Umfeld (Kollegen, Kunden, etc.).

Es kann sein, dass Deine Idee für jemanden mehr Arbeit bedeutet. Oder langfristig weniger Arbeit. Mit beidem können Leute nicht einverstanden sein. Das Gute aber ist: An Widerständen kannst Du wachsen!

Gegen den SchwarmÜberleg Dir deshalb vorher wie Du Deine Ideen umsetzen möchtest. Für mich hat sich bewährt mit kleinen Prototypen anzufangen und die den Leuten zu zeigen, denen ich beruflich am meisten vertraue. Von diesen Kollegen, Partnern und Bekannten kann ich ungefiltert Kritik bekommen und gehe damit dann die nächsten Schritte. So baut sich ganz nebenbei auch eine kleine Gruppe an Unterstützern auf, die mir so manchem Widerstand zur Seite stehen können.

Als ich kürzlich “Gegen den Schwarm“* von dem Strategieberater Matthias Kolbusa gelesen habe, da konnte ich viele der dort beschriebenen Szenarien bei mir selbst wieder entdecken. Am härtesten hat mich schockiert, dass enormer Widerstand oft aus dem eigenen Team oder der eigenen Firma kommen kann. Doch wie kannst Du damit am besten umgehen?

Kritisch reflektieren

Stell Dir vor Du bekommst persönliche Kritik von Deinem Chef. Richtig hart und ungefiltert. Und jetzt?

Oftmals nagt diese Kritik den Rest des Tages an Dir und womöglich auch noch die nächsten paar Tage. Bist Du mit Deiner neuen Idee wirklich in die falsche Richtung unterwegs? Oder hast Du jemanden vor den Kopf gestoßen?

Jetzt ist es an der Zeit Dich in einem ruhigen Moment einmal selbst zu reflektieren. Geh die angesprochenen Situationen in der Vergangenheit durch. Frage Dich, ob Du die Dinge hättest anders tun können und dabei auch an Dein gewünschtes Ziel gelangt wärst. Und was hat Dich dazu veranlasst, so zu handeln, wie Du es getan hast?

Zudem habe ich für mich ausgemacht, persönliche Kritik nur noch von Leuten anzunehmen, die einerseits selber Kritik annehmen. Und andererseits sollten diese Leute auch die Berechtigung haben, die Kritik anzubringen. Wenn mir jemand z.B. sagt wie ich Auto fahren soll und selber lauter Kratzer und Dellen am Wagen hat, dann stimmt da was nicht.

Und mit dem Wissen kannst Du nun weiter gehen. Vielleicht nicht wie gehabt, das kommt auf die Kritik an. Aber Kritik ist auch immer eine Chance zur Veränderung.

Passend dazu finde ich auch folgendes Zitat aus Dirk Kreuters Vertriebsoffensive*:

Aus Angst zu weit zu gehen, gehen wir oft nicht weit genug.

Die Angst, dass sich andere mit Deinen neuen Ideen unwohl fühlen könnten, darf Dich nicht davon zurückhalten, Sie trotzdem auszuprobieren. Und so sage ich mir heute selber manchmal: “Scheiße, Du bist zu brav!


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Anfang 30, aus dem Rheinland und seit einigen Jahren Unternehmensberater. Privat bin ich gerne an Kickertischen oder Kletterwänden unterwegs. Dazu begeistert mich alles, was mit Technik oder Unternehmertum zu tun hat.

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