10 Beratersünden

10 Beratersünden

Es gibt sie, die Fettnäpfchen für Berater. Wie viele verschiedene Faux-Pas es tatsächlich gibt, das kann ich Dir nicht sagen. Allerdings habe ich hier einmal zehn zusammengetragen, die ich besonders gravierend finde. Ohne längere Vorrede sind hier also meine Top 10:

  1. Bullshit-Bingo spielen:
    Denglisch, Abkürzungen, Fachausdrücke und ein paar saloppe Sprüche zwischendurch: So erfüllst Du Berater-Klischees in kürzester Zeit. Meistens passiert das, um den Kunden zu beeindrucken und den eigenen Selbstwert (künstlich) zu erhöhen. Allerdings geht der Schuss oft nach hinten los, weil der Kunde weniger als vorher versteht und irgendwann anfängt nachzufragen.
  2. Wissen schützen wollen:
    Prinzip KostenlosEs ist eines der größten Missverständnisse, die es meiner Meinung nach in Unternehmen und Beratungen derzeit noch gibt. Eigenes Wissen gilt es zu schützen, weil sonst der Kunde alles selber machen oder die Konkurrenz das Konzept übernehmen könnte (und damit auch die Aufträge). Das Online-Marketing von heute zeigt allerdings, dass diese Angst größtenteils unbegründet ist. Wenn jemand regelmäßig Wissen veröffentlicht, dann wird er in diesem Bereich als Experte angesehen. Und zu wem gehen die Kunden: Dem Original oder dem, der es nur wiederkaut? (siehe “Prinzip kostenlos“* von Kerstin Hoffmann)
  3. Sich nicht Weiterbilden:
    “Nein, eine Schulung dazu brauche ich nicht. Das bekomme ich doch so auch im Projekt mit.” Schade eigentlich, denn besonders über den Tellerrand zu schauen, gehört für mich zur Beratung unbedingt dazu. Und gleichzeitig ist es in bestimmten Themen wichtig, einen roten Faden zu bekommen. Deswegen kann ich nur empfehlen konstant Schulungen und Seminare zu besuchen (auch wenn manche davon im Nachhinein nicht viel gebracht haben).
  4. Bewusst weniger liefern:
    Um sich das Folgeprojekt zu sichern, liefern einige Berater einfach jetzt weniger oder setzen nur halbfertige Ziele, sodass das gewünschte Ergebnis nicht erreicht werden muss. Diese Vorgehensweise in der Praxis zu sehen, tut mir echt weh und ich halte nur wenig davon! Stattdessen macht es aus meiner Sicht viel mehr Sinn, die gewünschten Ergebnisse auch zu erzielen. Denn damit ist der Kunde glücklich und es gibt eventuell eine Referenz oder Empfehlung. Sobald es wieder Bedarf gibt, klopft der Kunde auch wieder an.
  5. Nicht offen und ehrlich sein:
    Für mich ist es ein Problem, wenn ich merke, dass mein Gegenüber mir nicht ehrlich sagt, was er denkt. Denn damit ist das Vertrauen schnell weg und das ist die Währung in der Beratung. Um ehrlich zu sprechen muss ein Gespräch noch nicht mal persönlich werden. Manche Meinungen lassen sich sogar durch die Blume äußern, wenn der Kunde es versteht. Es ist nur wichtig, dem Kunden nichts zu verschweigen, wenn etwas verkehrt läuft.
  6. Zu allem “Ja” sagen:
    Aus Angst einem Kunden absagen zu müssen oder die Umsatzziele nicht zu erreichen, sagen wir manchmal vorschnell ja. Und hinterher erweist sich das Projekt dann als richtig problematisch. Zwar darf und soll es in jedem Projekt neue Herausforderungen geben. Allerdings macht es wenig Sinn, alle Parameter auf einmal ändern zu wollen (Thema, Branche, Methode, etc.). Deswegen ist es in solchen Fällen gut, ein Projekt auch mal dankend abzulehnen.
  7. Entscheider nicht einbinden:
    The Lean StartupVor dem Projekt oder auch während dem Projekt ist es wichtig, den Entscheider immer gut mit einzubinden. Leider durfte ich schon beobachten was passiert, wenn erst zum Schluss der Nutznießer des Projekts die Lösung zu sehen bekommt: Die Ergebnisse gehen komplett an den Erwartungen vorbei und der Frust ist groß. Besser ist es à la “Lean Startup“* frühzeitig und kontinuierlich mit dem Kunden zu testen. Das setzt voraus, dass der Kunde weiß, was er möchte. Und deswegen ist es noch wichtiger in der Angebotsphase mit dem Entscheider zusammen ein Ziel mit klaren Kriterien auszuarbeiten.
  8. Dem Kunden unterwerfen:
    Wenn nicht mehr im eigenen Interesse, sondern nur noch im Interesse des Kunden gehandelt wird, dann läuft in einer Beratung etwas gehörig schief . Gerade Key Account Manager laufen nach einigen Jahren Gefahr, in eine solche Haltung zu kommen. Deshalb lohnt sich besonders auf der Position alle paar Jahre ein Wechsel. Aber auch Berater müssen beim “Ja”-Sagen gut darauf achten, auf welchen Handel sie sich gerade einlassen (siehe Punkt 6).
  9. Nicht zuhören können:
    Die 7 Wege zur EffektivitätLabern bis der Arzt kommt gehört für manche zur Berater-Grundausstattung, genauso wie das Bullshit-Bingo (siehe Punkt 1). Wenn der Kunde in der Besprechung kaum zu Wort kommt, treten über kurz oder lang Probleme auf, weil z.B. Entscheider nicht wirklich mit eingebunden werden (siehe Punkt 7). Darum ist “Erst verstehen, dann verstanden werden” aus Steven Covey’s “Die 7 Wege zur Effektivität“* so essentiell, gerade für Berater. Es bedeutet vermehrt zu fragen, zu-zuhören und dabei auch auf die Gefühlslage des Kunden zu achten.
  10. Unbedingt Recht haben wollen:
    Besonders in unserem Fachgebiet lassen wir nur ungern andere Meinungen zu. Und wenn ein Kunde mit anderen Daten um die Ecke kommt oder sogar unsere Ergebnisse anzweifelt, dann verfallen wir schnell in den Verteidigungsmodus. Dabei ist es überhaupt nicht schlimm, als Berater auch mal Unrecht zu haben. Denn was zählt ist das beste Ergebnis. Und wenn es bessere als unsere gibt, dann sollten wir das neidlos anerkennen und so schnell wie möglich lernen. Offen für andere Meinungen zu sein ist nämlich ebenso wichtig, wie deutliche Positionen zu vertreten (“Strong opinions, loosely held“).

Wodurch kommen diese Verhaltensweisen zustande? Meiner Meinung haben fehlgeleitete Glaubenssätze sehr viel damit zu tun. Wenn wir z.B. glauben unser Wissen vor dem Kunden oder dem Wettbewerb schützen zu müssen, dann führt das zu der oben genannten Art zu arbeiten. Diese Glaubenssätze einmal im Sinn unserer eigenen Ergebnisse zu hinterfragen, lohnt sich.

Bin ich frei von diesen Sünden? Absolut nicht. In der ein oder anderen Form ist mir schon alles unterlaufen. Und ich versuche mir das immer wieder in Erinnerung zu rufen, um mir die daraus resultierenden Probleme zu ersparen.

Hast Du ähnliche Beobachtungen gemacht? Und gibt es noch andere Fettnäpfchen, die Du für noch gravierender hältst?


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Anfang 30, aus dem Rheinland und seit einigen Jahren Unternehmensberater. Privat bin ich gerne an Kickertischen oder Kletterwänden unterwegs. Dazu begeistert mich alles, was mit Technik oder Unternehmertum zu tun hat.

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