Von der Beratung zum Produkt

Von der Beratung zum Produkt

Viele Beratungen träumen davon: Das eigene Angebot in Pakete zu packen und immer wieder verkaufen zu können. Und am besten ohne das eigene Zutun. Das bedeutet ein Produkt aus dem eigenen Angebot zu schaffen, das neben dem Projektgeschäft einen gewissen konstanten Umsatz beschert.

Vor zwei Jahren bin ich mit einer ähnlichen Idee gestartet. Das hier ist eine kleine Wegbeschreibung, wie ich die Herausforderung angegangen bin. Und auch was die Vor- und Nachteile dieser Methode sind.

Löse Deine eigenen Probleme

Scratch your own itch” nennen das die Amerikaner. Es ist dieselbe Methode, mit der bereits viele Startups erfolgreich groß geworden sind (Apple, Dropbox, usw.). Sie alle lösten eigene Probleme mit dem Hintergedanken, dass das anschließend auch anderen helfen kann.

Der Vorteil davon ist: Du kennst Dich und Deine Anforderungen am besten. Deine Kollegen könnten Deine Lösung wahrscheinlich auch sehr gut gebrauchen. Und Deine Kunden im besten Fall auch. Aber im schlechtesten Fall löst Du “nur” ein Problem von Dir.

Reicher als die GeissensDieser Gedanke klang vor zwei Jahren sehr verlockend für mich. Aus Alex Fischer’s Buch “Reicher als die Geissens“* hatte ich gelernt, mir eine sogenannte Hassliste zu schreiben. Darauf kamen alle Tätigkeiten auf die ich keine Lust mehr hatte. Die Liste wurde anschließend ins Positive übersetzt und die Punkte wurden gruppiert. Heraus kamen neue Ideen, um die eigenen Probleme zu lösen.

Zu der Zeit fragten unsere Kunden immer dieselben zeitaufwendigen Analysen an und ich hatte es satt, damit meinen Tag zu verbringen. Mit meiner Chefin zusammen hatte ich den Beschluss gefasst, diese Analysen zu automatisieren, um uns wieder  mehr inhaltlichen Fragen widmen zu können.

Die Kreise immer größer ziehen

In den nächsten vier hab ich Wochen Blut und Wasser geschwitzt, um neben dem Projektgeschäft einen Prototyp auf die Beine zu stellen. Zu meiner Erleichterung ist das geglückt und wir bekamen die ersten Analysen auf Knopfdruck.

The Lean StartupIm nächsten Schritt legten wir fest, welche Kriterien erfüllt sein sollten, damit wir die Software tatsächlich als Produkt vermarkten. Für die meisten Startups würden jetzt kurze Iterationen zwischen Entwicklung und Test mit dem Kunden starten (siehe “The Lean Startup“* von Eric Reiss).

Nun hatte ich das Prinzip “Scratch your own itch” an dieser Stelle falsch verstanden. Es schließt sich nämlich nicht aus, ein eigenes Problem zu lösen und trotzdem mit den Kunden direkt zusammen zu testen. Warum ich das nicht tat? Aus Faulheit und Feigheit wahrscheinlich.

Die ersten Funktionen teste ich also selber. Sobald die ersten groben Fehler beseitigt waren, schickte ich regelmäßig neue Versionen an unser Team. Da meine Kollegen auch von dem Programm profitieren sollten, holte ich mir von ihnen als erstes Feedback und setzte das um.

Erst im letzten Schritt bekamen unsere Bestandskunden das Programm zum testen. Bis dahin waren schon sehr viele Fehler behoben und die ersten Anwendungsfälle standen schon zum Großteil. Die Analysen, die sie sonst ständig anfragten, kamen nun auf Knopfdruck. Soweit so gut.

Kunden frühzeitig mit einbinden

Ich hab direkt von Anfang an darauf geachtet, dass der Vertrieb so einfach wie möglich funktionieren kann. Das Programm kann einfach als Datei versandt oder heruntergeladen werden, und muss nicht installiert werden. Zusätzlich gibt es eine Demoversion, drei Preispakete, ein klares Nutzenversprechen, usw.

Trotzdem stellte sich im letzten Test mit unseren Kunden heraus: Sie fanden eigengestrickte Programme doof. Sie wollten keine zusätzliche Software, um die sie sich im nachhinein hätten kümmern müssen. Stattdessen sollten wir weiter die Auswertungen liefern. Wie die Auswertungen zustande kamen, das war egal.

Damit hatte ich nicht gerechnet. Zwar hatten wir selbst jetzt schneller Analysen parat und auch mehr Zeit für interessantere Aufgaben (nach wie vor viel wert). Allerdings sind die erhofften Verkäufe ausgeblieben. Wenn ich einen Lerneffekt aus der Entwicklung ziehen kann, dann der, die Kunden trotzdem direkt nach dem ersten Prototyp mit einzubinden. So sind sie mit dem Produkt vertraut und eher bereit darein zu investieren.


Teile diesen Beitrag:

Anfang 30, aus dem Rheinland und seit einigen Jahren Unternehmensberater. Privat bin ich gerne an Kickertischen oder Kletterwänden unterwegs. Dazu begeistert mich alles, was mit Technik oder Unternehmertum zu tun hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.