Christopher Schulz im Interview über den Einstieg in die Beratung

Christopher Schulz im Interview über den Einstieg in die Beratung

Mittlerweile gibt es ein zweites Interview! Diesmal ist Christopher Schulz mit dabei und gibt Antworten dazu, wie ein Einstieg in die Beratung gut gelingen kann. Viel Spaß beim Hören!

Das Interview – in verkürzter Form als umgangssprachliches Transkript:

Heute habe ich einen sehr spannenden Interviewgast bei mir, nämlich den Berater und Blogger Christopher Schulz aus München. Hallo Christopher.
Hallo Andreas, ich grüße dich. Guten Abend!

Magst du dich einmal kurz vorstellen, Christopher? Wer bist du denn und was machst du?
Dr. Christopher SchulzIch bin Christopher Schulz und ebenfalls Consultant. Das bin ich jetzt schon seit zehn Jahren und habe ursprünglich Wirtschaftsinformatik studiert. Damit bin ich also immer an der Schnittstelle zwischen Fach- und IT-Abteilungen. Vorher habe ich in Genf und den USA gearbeitet. Und jetzt seit zehn Jahren bin ich in München und berate dort verschiedene Unternehmen, hauptsächlich im Engineering Umfeld.

Du hast erzählt du bist Wirtschaftsinformatiker und hast sogar da promoviert. Wie hast du dich dazu entschieden in die Beratung zu gehen?
Ich kam da so ein bisschen zu, wie die Jungfrau zum Kind. Vor elf Jahren (2008) habe ich mich entschieden, meine Festanstellung in einer Bank in Genf zu verlassen. Das lag nicht an der Finanzkrise, denn das Bankinstitut stand noch sehr gut da und der Job wäre mir sicher gewesen. Ich habe mich entschieden nochmal zu promovieren. Und zwar hier an der technischen Universität in München. Da habe ich das Thema Enterprise Architecture untersucht und bin in dem Zusammenhang sehr, sehr schnell mit Beratungsaufträgen in Kontakt gekommen.

Direkt zu Beginn meiner Karriere an der Uni hatte ich sofort beraten, denn damit wurde meine Stelle als Doktorand finanziert. Das war ein Sprung ins kalte Wasser. Ich hatte keine Ahnung von Beratung, wusste auch gar nicht was das ist. Der Professor hat zwar ein bisschen unterstützt, aber er war jetzt auch kein ausgewiesener Consultant. Also hab mich da eher versucht mit „Trial and Error“ entlang zu hangeln und habe dann dort vier Jahre in verschiedenen Beratungstätigkeiten verbracht. Danach stand dann entweder eine normale Festanstellung oder die Beratung zur Auswahl. Und dann habe ich mich natürlich für die Beratung entschieden, weil es einfach viel spannender ist als in irgendeine Festanstellung zu gehen.

Was hat dich da so am meisten gereizt? Du warst dann nehme ich mal an unterwegs bei Kunden, was fandest du spannend?
Also das unterwegs sein mache ich jetzt nach elf Jahren nicht mehr so gerne. Mittlerweile kennt man die ganzen Flugverbindungen und Hotelketten. Was mir Spaß macht und auch immer noch sehr viel Spaß macht ist das Neue. Ich bin ein neugieriger Mensch, getrieben von Fachlichkeit, Technik, Entwicklung und Unternehmenswirtschaft. Und ich glaube in einer Festanstellung hätte ich nicht so viel Freiheit und so viel Abwechslung, wie ich das jetzt im Beratungsjob hätte.

Im Gegensatz zum akademischen Job, wo es ja auch viel Neues gibt und man auch viel Freiheiten hat, ist es aber in der Beratung so, dass man da nicht so tief und so spitz reingehen muss. Also viel Fleißarbeit, die man als Professor mit Publikationen hat, bleiben dir da erspart als Berater. Man kriegt trotzdem die Erkenntnisse, muss jetzt nicht jede Quelle zitieren oder jedes einzelne Paper gelesen haben. Das finde ich eine interessante Position als Berater.

Was ist eine Erfolgsgeschichte bei dir aus der Beratung, auf die du besonders stolz bist?
Also in der Beratung ist man ja eigentlich in einem Dreigestirn unterwegs. Ich bin ja Angestellter Berater und da ist es so, dass man im Prinzip zwei Herren hat. Einmal ist das der Kunde, der eigene Vorgesetzte und der Dritte, das bist du. Und das ist aus meiner Sicht immer ein Balanceakt zwischen diesen drei Seiten. Gerade wenn man noch jung ist, dann ist man eher sehr stark auf den Kunden oder Vorgesetzten ausgerichtet. Aber je älter man dann wird als Berater, je mehr schlägt das Pendel auch zu einem selber aus.

Und Stichwort Erfolg, was misst man jetzt als Erfolg? Es hängt auch von der Dimension ab. Aus Kundensicht kann ein Projekt erfolgreich sein und er ist zufrieden. Das ist immer gut, wenn es ist so ist. Wenn der Vorgesetzte sagt „Super!“, wir konnten ein Folgeprojekt akquirieren oder die Projektrendite war hoch, dann war das auch erfolgreich. Ich persönlich sage immer: Das Projekt war erfolgreich, wenn ich was gelernt habe, wenn der Kunde zufrieden ist und wenn das Projekt rentabel ist. Und wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind, dann ist es meistens auch für den Vorgesetzten zufrieden.

Hast du denn da so ein Beispiel?
Wir hatten zuletzt mal ein Unternehmen in Ludwigshafen zum Thema Business Model Innovation beraten. Dabei ging es darum mit dem Kunden hypothesengetriebene Entwicklung zu machen und sich ein paar Geschäftsmodelle zu überlegen. Die gibt es natürlich schon, es sind also keine neuen, innovativen Geschäftsmodelle. Aber für das Unternehmen war das neu.

Die Kollegen haben dort das „Change Management“ gemacht, also die Begleitung einer Person im Projekt. Insgesamt fand ich, hat das sehr gut gefruchtet. Wir haben da wirklich Nutzen gestiftet, dem Kunden Dinge erklärt und er hat was gelernt. Aber wir haben auch ein Problem für ihn gelöst. Das ist immer ganz wichtig aus meiner Sicht, wenn du beides tust: Also ein Problem lösen und im zweiten Schritt Dinge vermitteln, sodass er sich danach im Anschluss selber helfen kann.

Das ist auch für mich immer ein befriedigendes Gefühl. Hilfe zur Selbsthilfe gegeben zu haben, dass jemand selber auch ein Stück weiter gehen kann.
Es gibt die und die Kunden. Das muss man immer am Anfang rausfinden. Will er einfach nur, dass das Problem weg ist und es ist egal wie man es macht. Wie wenn die Müllabfuhr am Mittwoch kommt: Da ist es mir auch egal, ob sie jetzt da oder dort lang fährt. Hauptsache der Müll ist weg. Auf der anderen Seite, wenn ich jetzt an einen Skilehrer denke, da will ich ja lernen wie das Skifahren geht. Und das ist halt der Unterschied.

Hattest du denn auch mal ein Projekt, das so richtig in die Hose ging? Oder irgendeine richtig unangenehme Situation bei einem Kunden, wo es auch mal persönlich oder laut wurde?
Ja, 2014 hatte ich das bei einem Projekt. Es ging darum eine sogenannte „Governance“ zu etablieren (also Prozesse, Steuerungen, Gremien, Organisationsstrukturen). Das Projekt war erfolgreich, aber es gab einen Projektleiter, der uns von der Organisation reingegeben wurde. Und der war menschlich … das würde ich echt nicht mehr tun. Da würde ich heute sagen: „Wenn sie mir so menschlich kommen, dann breche ich das Projekt ab. Dann können sie das alleine am besten.“ Da würde ich jetzt drei, vier Jahre später ganz anders agieren. Weil ich habe nur ein Leben und da finde ich andere Kunden, mit denen es viel, viel mehr Spaß macht zusammenzuarbeiten.

Du hast mir erzählt, dass du zwei Kinder hast und schon etwas fester verwurzelt bist, als ich zum Beispiel. Hast du deswegen auch schonmal überlegt mit der Beratung aufzuhören?
Ich glaube mit Beratung aufzuhören, das werde ich das nie so ganz können. Es gibt ja Beratungen, die senden Kollegen bis ans Ende der Welt. Das würde ich in meiner jetzigen Situation nicht mehr tun wollen. Deswegen war bei mir vor 2,5 Jahren der Wechsel zu einer Beratung im bayerischen Raum. Das ist dann vielleicht nicht so attraktiv bezahlt oder man bekommt vielleicht das ein oder andere weniger spannende Projekt. Aber ich war insgesamt in meinem Leben ca. drei Jahre im Ausland, ich habe da ungefähr eine Vorstellung wie das da so abläuft. Also ich muss das jetzt nicht mehr unbedingt in der Art tun. Und deshalb aufhören? Nein. Eher Wechsel der Beratungsform.

Wenn jemand heute als Berater anfangen wollen würde, was müsste der dann mitbringen?
Das hängt natürlich von der Position und auch vom Kundenbedarf ab. Ich unterteile da gerne zwischen methodischen, fachlichen und sozialen Fähigkeiten. Es kann sich ja jeder „Berater“ nennen, so wie sich auch jeder in Deutschland „Coach“ nennen kann. Proaktivität, „Can-Do“-Mentalität, das steht ja in den typischen Jobprofilen. Aber was heißt das konkret?

High Performance ConsultingZu dem Thema habe ich mal das Buch “High Performance Consulting“* geschrieben. Da habe ich mal 101 Tätigkeiten oder Merkmale eines Unternehmensberaters aufgeschrieben, die aus meiner Sicht sehr essentiell sind. Darunter sind so Sachen wie z.B. Fragen stellen, aktives Zuhören, Agenda verfassen und viele andere Bausteine, die aus meiner Sicht einen guten Berater ausmachen. Außerdem habe ich mittlerweile alle digitale Methoden-Bibliothek online gestellt, unter dem „Consulting Methodenkoffer“.

Gestern habe ich nochmal auf Amazon nachgeschaut*: Du hast ja mittlerweile schon neun Bücher geschrieben. Dazu kommt noch der Blog consulting-life.de und der Unternehmensblog. Jetzt muss ich einmal fragen: Woher nimmst du die ganze Zeit, und wie läuft dein Schreibprozess ab?
Als ich 2015 in Elternzeit war und bin ich zum Bloggen gekommen. Nach dieser Elternzeit gesagt habe wollte ich mich mit der Beratung beschäftigen und das Thema gründlich analysieren. Und wie macht man es am besten? Indem man es nicht nur liest, sondern indem man es schreibt und anderen erklärt. Denn wenn man es anderen erklären kann, dann hat man es auch verstanden.

Wenn ich es schriftlich erkläre, ist das für mich sowieso passend, denn das kann ich tun wann ich will, wo ich will, die Hauptsache ist ungestört. Jetzt als Eltern hat sich der Schwerpunkt ein bisschen Richtung Wohnung verschoben. Vor drei oder vier Jahren hätte es gut sein können, dass ich irgendwo abends unterwegs bin, noch im Büro oder beim Sport. Und jetzt bist du halt sehr stark an das Haus fixiert, zumindest in den jungen Jahren der Kinder. Und entweder du schaltest abends die Glotze an, liest ein Buch oder liest und schreibst.

Und die Bücher, die du jetzt angesprochen hast, das sind alles 100 Seiten Bücher. Ich zerlege mir dieses große Thema Consulting in viele Einzelteile und gehe z.B. mal in die Richtung Akquise, Methoden, oder kümmere mich um den Angebotsprozess. Ich komme ja aus der Forschung. Und so ein Thema für ein halbes Jahr voran zu treiben, das macht mir dann auch Spaß. Ich habe mich jetzt die letzten drei Monate intensiv mit Angebots-Prozessen beschäftigt, weil ich auch das Problem habe, dass ich öfter Angebot schreibe, und dann habe ich gesagt kann man ja auch direkt ein Buch schreiben.

Das ist auch glaube ich schon online auf Amazon, oder?
Genau, es ist seit Januar online*. Die Angebotsstellung ist ja die Nahtstelle zwischen dem Vertriebsprozess und schließlich dem Projekt. Und da gibt es tatsächlich in der deutschen Sprache und auch im Englischen gar nicht so viele Bücher und Literatur.

Ich habe auch vor zwei Wochen mit einem Professor in Trier gesprochen, der auch ein Buch dazu geschrieben hat. Ein typisches Problem ist, dass während dem Angebotsprozess noch alles unbezahlt ist. Also ich schreibe unbezahlt ein Angebot mit ungewissem Ausgang. Und das ist ganz spannend wie man da vorgeht: Wie man Signale des Kunden deutet, wie man sich abhebt vom Wettbewerber, wie man eine Vertrauensbeziehung herstellt, wie man vielleicht auch Aspekte des Angebots wieder nutzt für weitere Angebote.

Dafür habe ich auch verschiedene Angebote von Kollegen und von anderen Beratungen angesehen und dabei geguckt, wie die das so lösen. Das ist ganz interessant für mich gewesen.

Das heißt du würdest auch sagen, eine der wichtigsten Fähigkeiten von Beratern ist das Schreiben?
Du kannst ja mal zählen wie viele Minuten du für jedes Kommunikationsmittel am Tag verwendest: Das mündliche Gespräch, das Telefongespräch und die E-Mail. Da wirst du sehen, dass schriftliche Kommunikation sehr viel Gewicht hat. Wenn du bei einer E-Mail fünf Minuten zum Schreiben investierst, die geht an drei Leute und jede Person braucht eine Minute zum Lesen. Dann ist da schon einiges an Zeit, was da investiert wird.

Und das sollte man meiner Meinung nach Verbessern und nicht irgendwo unter den Tisch fallen lassen. Ich sehe so viele E-Mails, die schlecht formuliert oder schlicht unklar sind. Da sage ich mir immer: „Ihr könntet euch das ganze Pingpong sparen. Investiert mehr in euch und spart dafür den Empfängern diese E-Mails.“

Das ist so eine Art: „Ich mache es mir leicht beim Schreiben und die anderen haben es schwer.“ Ich sehe es lieber andersrum und da geht Beratung los: Eine gute E-Mail formulieren, die der Kunde sofort versteht. Bei der er sofort herausliest, ob es eine Entscheidung, eine Frage, oder einfach nur eine Information ist. Das ist eine wichtige Eigenschaft, die ich als Berater haben sollte. Und das geht bereits in der Betreffzeile der E-Mail los.


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Anfang 30, aus dem Rheinland und seit einigen Jahren Unternehmensberater. Privat bin ich gerne an Kickertischen oder Kletterwänden unterwegs. Dazu begeistert mich alles, was mit Technik oder Unternehmertum zu tun hat.

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